Informationen über Bio-Lebensmittel und Naturkost

Information der Stiftung Ökologie und Landbau

Nitrofen in Öko-Geflügelprodukten

(28.05.2002) Mehrere Erzeuger von Bionahrungsmitteln haben am vergangenen Freitag Eier und Geflügelprodukte wegen der Belastung mit dem Herbizid Nitrofen zurückgerufen und einen Auslieferungsstopp verhängt. Betroffen sind mehrere ökologisch wirtschaftende Geflügelhalter, ein Futtermittelhersteller, und mindestens ein Getreide-Erzeugerbetrieb. In Futtermitteln eines niedersächsischen Geflügelhalters waren Rückstände von dem Unkrautvernichtungsmittel Nitrofen entdeckt worden. Nitrofen wurde 1964 in den USA entwickelt, der Einsatz in der konventionellen Landwirtschaft ist aber seit 1981 in der Bundesrepublik und seit 1990 auch in den neuen Bundesländern verboten. Im Ökolandbau war es noch nie zugelassen. Nitrofen steht im Verdacht, Krebs auszulösen.

Bei der belasteten Futterpartie soll es sich um etwa hundert Tonnen Ökoweizen aus Brandenburg handeln, die eine niedersächsische Futtermittelfirma bundesweit an Ökobetriebe vertrieben haben soll. Nach Angaben von Naturland gab es bereits Ende Januar erste Funde von Nitrofen in Putenfleisch. Es wurde sofort zur Verarbeitung gesperrt und gelangte somit nicht in den Verkauf. Daraufhin haben die Geflügelerzeuger Untersuchungen der Wasserquelle, Impfstoffe, Futtermittel, Einstreu, sowie der Pflanzen in der Auslauffläche veranlasst und Rückstellproben des Futters genommen. Ein Ökobetrieb aus Brandenburg wurde dabei als Lieferant von mit Nitrofen belastetem Getreide festgestellt. Die Kontamination des Futtergetreides mit Nitrofen betrug 5,96 mg/kg. Der zugelassene Höchstwert für Lebensmittel liegt bei 0,01 mg/kg. Wie das Herbizid in die Getreidelieferung gelangt ist, konnte bislang nicht geklärt werden. Der Test sei im Rahmen der betrieblichen Eigenkontrolle erfolgt. Entgegen den Vorschriften seien staatliche Stellen darüber nicht informiert worden.

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) kritisierte die fehlende Information der Länderbehörden durch die beteiligten Firmen und forderte Konsequenzen für die Hersteller verseuchter Futtermittel für Ökobetriebe. Bereits seit März hatten nach Angaben des BMVEL staatliche Stellen Kenntnisse über Nitrofen in einem Bioprodukt. Die dem Bundesverbraucherministerium unterstellte Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach habe den Stoff in Proben aus einem Puten-Mastbetrieb festgestellt. Die nachgewiesene Nitrofen-Menge habe das Zehnfache des zulässigen Nitrofen-Grenzwertes ergeben, das Fleisch sei daher nicht "verkehrsfähig" gewesen. Das Verbraucherministerium sei dennoch nicht informiert worden, da man von einem "lokalen Fall" ausgegangen sei. Es habe sich um eine Untersuchung in privatem Auftrag gehandelt und sei deshalb nicht unbedingt meldepflichtig gewesen.

Die zuständigen Landesministerien wurden aufgerufen, die Informationspolitik der Firmen zu überprüfen und gegebenenfalls zu ahnden. Nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums muss davon ausgegangen werden, dass Fleisch und Eier von Geflügel, das mit dem Weizen gefüttert wurde, bereits beim Verbraucher angelangt sind. Landwirtschaftsminister Bartels hat bereits Strafanzeige wegen "Verstoßes gegen das Futtermittelgesetz in Verbindung mit Betrug" gestellt. Das brandenburgische Landwirtschaftsministerium hat ebenfalls erste Maßnahmen eingeleitet: Zur Aufklärung der Affäre sollen intensiv Akten gesichtet werden. Das Ergebnis erneuter Untersuchungen von Weizenproben durch ein Labor in Rostock wird noch in dieser Woche erwartet.

Um einen massiven Vertrauensverlust der Verbraucher in Bio-Produkte zu verhindern, hat das BMVEL für Dienstag (29.05.2002) ein Gespräch mit Bauern und Öko-Verbänden einberufen.

Quelle: Stiftung Ökologie und Landbau